Montag, 30. Januar 2012

Welcome to the everlasting Klassenfahrt!

So, Woche 2 meines Schwedenabenteuers auch gut überstanden. Langsam weiß ich nicht mehr, was ich mit meiner ganzen Zeit noch anfangen soll. Ich lese irre viel und habe aus lauter Langeweile sogar angefangen ein Buch über Social Marketing zu lesen. Wäre mir vorher glaube ich nicht im Traum eingefallen, aber anscheinend schreit mein Hirn mittlerweile innerlich: "Tu was! Sonst wirst du wie einer dieser Menschen, die hauptberuflich in "Mitten im Leben" mitspielen". Das wäre natürlich suboptimal.

Meine Schwedischskills sind immer noch unterirdisch, mittlerweile kann ich aber an der Kasse stehen und raten, was die Leute zu mir sagen um nicht als elender Ausländer dazustehen. Immer das gleiche: Begrüßen, Geld zahlen/Kreditkarte in das Dingens tun, zwei Mal "OK" drücken und gegebenenfalls noch den Ausweis vorzeigen. Und machen wir uns nichts vor, ich muss immer den Ausweis vorzeigen. Denn entweder habe ich ne Ladung Red Bull oder Alkohol in meinem kleinen Warenkorb. Hier muss man nämlich auch für einen Red Bull schon 18 sein. Verrückt. 



Naja, ich bin leider auch in der ungünstigen Situation, dass der Kassierer im Systemboulaget - also dem Alkoholladen - schon kennt. Zwar nicht namentlich, aber er nicht mich immer die "Durstige Deutsche". Und das alles nur, weil ich mich da mal ein bisschen durch die Biersorten probieren wollte, die die da so anbieten. Ich hab das ja auch nicht alleine getrunken sondern brüderlich und schwesterlich zusammen mit der Gang  auf meinem Flur in Rahmen einer Bierprobe geteilt. Solltet ihr mal nach Schweden kommen und gutes Bier brauchen, ganz unten links und ganz unten rechts haben mit jeweils 38 von 50 möglichen Punkten das Rennen gemacht. 

Ich habe nämlich auch ganz neue mathebesessene Seiten an mir entdeckt. Da Alkohol hier so teuer ist, findet man mich ziemlich oft im Schnapsladen, wo ich zusammenrechne. "Also wenn das Bier hier jetzt 10 Kronen kostet und 5% hat, ist das eigentlich auf Dauer günstiger, als wenn ich nen Wodka für 200 Kronen kaufe. Aber der Martini hat 15 und kostet 90 Kronen... Nein, das ist auch weniger". 

Hier ist Alkohol auf Dauer nämlich kein Convenience Good, sondern ein Shopping Good - man braucht hier mehr Planung, wenn man es kauft. In Deutschland greif ich einfach beim Aldi ins Regal und nehme es mit ohne drüber nachzudenken. Ende, aus Micky Maus und deshalb ist es ein Convenience Good. Hier in Schweden muss ich erst intensiv im Laden darüber nachdenken und mit Alternativen vergleichen - deswegen ist es ein Shopping Good. Ich hoffe, ich habe das richtig erklärt. Naja, hätte ich heute auch wieder meinen Marketinglehrauftrag erfüllt. (Und jetzt noch das Bonuswissen: Alkohol ist trotzden immer noch ein FMCG - Fast Moving Consumer Good - weil ist ja trotzdem schnell weg und muss schnell nachgekauft werden. Wenn ich mit euch fertig bin, seid ihr Marketingvollpros. Promise.)


Naja, wie ihr von meinen Äußerungen her schon schließen könnt, sind das hier echt klassenfahrtähnliche Zustände. Es wird viel getrunken, viel gefeiert und viel unternommen. Ach ja, und wie auf jeder guten Klassenfahrt kann man hier mittlerweile so ein Beziehungsdiagramm aufzeichnen, wie man es aus GZSZ kennt. (Ich kann es nicht fassen, dass das nen eigenen Eintrag bei wikipedia hat. Da scheint ja jemand noch mehr Freizeit zu haben als ich...). Letzte Woche war ich aber auf jeden Fall ganz brav und unalkoholisiert bei einem Eishockeymatch. Das war richtig cool. Ich konnte mit Fußball noch nie wirklich viel anfangen, wegen weil 22 Menschen hinter einem Ball her jagen und dabei die ganze Zeit von links nach rechts laufen. Laaaaaangweilig. Aber wenn die sich beim Eishockey so richtig schön bodychecken und gegenseitig mit dem Schläger eins auf die Zwölf geben, ist das ganz nach meinem Geschmack. 

Ansonsten bin ich neuerdings der Liebling der Iraner, weil die glaube ich denken, ich wäre eine von ihnen. Ich habe versucht ihnen klarzumachen, dass ich zwar einen arabischen Name habe, meine Eltern aber beide so deutsch sind wie Socken in Adiletten. Allerdings wollten die das irgendwie nicht hören. Ich befürchte, dass ich unfreiweillig jetzt Part der iranischen Schwedentruppe bin. Sowieso kann man mich hier auch nicht so ganz einordnen. Ich bin Deutsch, aber ich hab nen arabischen Namen, den niemand schon mal irgendwo gehört hat. Ich studiere in den Niederlanden und ich war auch schon ein Jahr in England. Deswegen bin ich hier Part der Deutschland- Niederlande- und Englandgang. Ach ja und unfreiwillig ja in der iranischen. Also irgendwie alles und nichts. Ich glaube, das finden viele merkwürdig. Verständlich. Ich komm da ja selber nicht klar.


Ansonsten bin ich mittlerweile auch einfach nur "Sam". Ich bin nicht die Deutsche mit dem arabischen Namen, die in den Niederlanden studiert und Au Pair in Oxford war. Ich bin einfach eine Person. Und ich mache mich ganz gut mit den anderen. Allerdings fehlt natürlich schon ein größer Teil meiner Persönlichkeit, wenn ich mit den anderen unterwegs bin. Denn meinen extremen Hang zu mal mehr und mal weniger raffinierten Wortwitzen kann ich in der englischen Sprache nicht so gut ausleben wie in der deutschen. Deswegen passiert es ziemlich oft, dass die anderen mich einfach nur verständnislos anschauen, wenn ich da wieder versucht habe was Lustiges zu sagen. Zudem ist mein Wortschatz teilweise total unpassend. Ich habe so viele unnütze englische Wörter während meines Cambridgeexamens gelernt, dass ich mich für andere teilweise echt unverständlich ausdrücke, selbst für Muttersprachler wie die Kanadier. Ist doch doof. Wieso haben die mir so viele Wörter beigebracht, die ich niemals benutzen kann...? Schon wieder 160 Euro zum Fenster rausgeschmissen.

Aber wie ihr auf dem Bild sehen könnt, trinken wir auch nicht den ganzen Tag, sondern sind auch aktiv unterwegs. Schweden wird also tatsächlich zu einem Outdoorsurvivaltrip, wenn man den Survivalpart ignoriert. Gut, dass ich doch die tolle Jacke gekauft habe. Allerdings sind viele auf die Idee gekommen, sich ne ordentliche Snowboardjacke zu besorgen. Das ist suboptimal, denn die haben ja immer so aberwitzige Farben und wenn wir alle zusammen stehen, gibt das für Außenstehende immer ne ordentliche Hirnkirmes. Naja, auf jeden Fall bin ich viel draußen, auch wenn es derzeit einfach klirrend kalt ist. Aber ich hab gelesen, dass das auf euch ja auch zukommt. Minus 20 Grad bei euch. Bei uns nur Minus 13. Yes! - Falls man sich über sowas freuen kann. Naja, ich gehe jetzt mal raus und genieße den strahlenden Sonnenschein, den ihr nicht habt. Ätsch. Over And Out! :)

1 Kommentar:

  1. "die durstige Deutsche" - wie gut ist DAS denn? Aber kenne ich aus meinem längeren Aufenthaltsaufhalt auch noch gut. Man hat immer das Gefühl in anderen Ländern sind sie wesentlich gastfreundlicher als hier ;)

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