Sonntag, 22. Januar 2012

"You can call me Unicorn!"

Alles klar. Ich denke, ich habe das Konzept für das Auslandssemester geschnallt. Denn irgendwie habe ich ganz stark im Gefühl, dass ich mich maximal viel mit anderen Menschen aus anderen Kulturen austauschen soll - besonders über deren Trinkverhalten - und maximal wenig für meine akademische Ausbildung tun soll. Darf ich mal kurz? Alter, ist das abgefahreeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeen!

Darf ich vorstellen: Mein Stundenplan. Dienstags insgesamt von 16.30 Uhr bis 19.00 Uhr ein bisschen Schwedisch auf etwa dem Niveau machen, wie wir Niederländisch I durchgezogen haben und danach was über Skandinavische Geschichte lernen. Mittwoch noch mal ne Stunde Schwedisch. Fertig. Ende, Aus, Micky Maus. Mehr muss ich nicht machen. Darf ich mal kurz fragen, ob ich hier im Paradies gelandet bin? Scheint mir zumindest so. Wieso stellen sich die Leute vom Erasmusprogramm nicht gleich auf eine große Wiese und schmeißen wild mit Credits um sich? Hätte denke ich den selben Effekt. 

Aber ich will ja nicht meckern. Ich bin ja sehr dankbar. Denn ich habe, obwohl meine akademische Ausbildung hier wohl ein bisschen schleifen gelassen wird, viel über andere Länder gelernt. Ich glaube, ich kenne jetzt echt von überall jemanden, nur Afrika ist hier ein bisschen mau vertreten. Sonst hängt hier wirklich von jedem Fleckchen Erde einer rum. Ich habe im Rausch, verursacht durch irgendso einem französischen Anisschnapps - der aussah wie ein Drink aus Spülwasser, zum Beispiel Freundschaft mit Handsome aus Südkorea geschlossen. Er heißt nicht Handsome, aber er wird so ausgesprochen. Keine Ahnung, wie man sowas schreibt. Er kann unwahrscheinlich schlechte Kartentricks und findet, dass ich wegen des Hauchs eines britischen Akzents super arrogant wirke.


Muss also dringend an meinem "th" arbeiten und mir wieder das Englisch von Lothar Matthäus aneignen. Dann klappt das auch mit der Sympathie. Sonst muss man sagen, dass ich ein verstecktes Talent für Asiaten habe. Die lieben mich. Ich weiß auch nicht, wieso. Alles fing damit an, dass die Asiaten sich vorstellen und sich alle Namen etwa so anhörten wie chinesische Nudeluppe, weswegen ich mir nicht einen Namen davon merken konnte. Besonders nicht im Spülwasserrausch. Deswegen stellen die sich meistens auch mit ihrem englischen Namen vor, was ich echt bescheuert fand. Ich meine, ist ja nett, dass die das für uns einfacher machen wollen, aber ich finde, dass es eine Sache des Respekts ist, sie mir ihrem richtigen Namen anzusprechen. Ich habe es mir also als Ziel gesetzt, alle richtig ansprechen zu können.

Läuft so mittelprächtig. Ich kann nur Handsome und Jizou. An den anderen 20 Namen muss ich noch feilen. Aber ich lerne immer fleißig, indem ich mir die Namen an den Briefkästen in unserem Wohnheim ganz genau anschaue. Außerdem finde ich es ungerecht, dass die sich einen Phantasienamen machen dürfen und ich nicht. Deswegen habe ich mich jetzt in "Einhorn" umgetauft. Wenn die das können, kann ich das auch. Immer, wenn ich jetzt einen neuen Asiaten kennen lerne, und der sagt "Hi, my Name is Klingt wie Nudelsuppe - but you can call me Kevin" antworte ich "Hi, my Name is Sam, but you can call me Unicorn". Nur gerecht, wie ich finde. Die koreanischen Mädchen finden, dass ich auch aussehe wie ein Unicorn. Da war ich zuerst beleidigt, weil ich also anscheinend ein Arsch wie ein Brauereipferd habe. Das meinten die aber nicht so, die meinten, ich sei so pretty. Aso, alles klar. Wenn ihr uns Weißen so gut auseinander halten könnt, wie ich euch Asiaten, heißt das nicht sonderlich viel... Fühlte mich aber trotzdem kurz wie Gisele Bündchen persönlich. Naja, und seitdem freuen sich die Asiaten immer ganz doll, wenn ich irgendwo im Flur auftauche.



Vielleicht war ich auch in meinem früheren Leben Asiate, denn ich gehe auch total auf dieses asiatische Spiel ab, dessen Name ich vergessen habe. Es klang aber auch wie der Name einer Nudelsuppe. Und es war sau kompliziert. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es mehr Phantasieregelen gibt, als richtige. Alle Anweisungen kamen mir ziemlich willkürlich vor und erinnerten stark an das chinesische Spiel bei How I met Your Mother (Danke, für den Tipp, Michael. Und ja, es ist auf spanisch, aber ab Minute 2 ist alles für Außenstehende in etwa so). Aber es macht richtig viel Spaß, wenn man es ein Mal raus hat. Nur leider habe ich nie gewonnen, da auch das Gewinnen in diesem Spiel irgendwie nur durch totale Willkür erreicht wird. Glaube ich zumindest.

Ansonsten habe ich auch noch die anderen Fontysianer kennen gelernt, die in Eindhoven studieren. Sie sind echt nett und es ist echt lustig, was für ein unglaubliches Sprachenwirrwarr herrscht, wenn wir miteinander reden. Weil irgendwie haben sich Niederländisch I und II doch noch ausgezahlt. Wenn die untereinander sprechen, verstehe ich sogar fast ausnahmslos, was die sagen. Und die verstehen, was ich sage. Aber ich spreche schlecht Niederländisch und die schlecht Deutsch. Deswegen kommt es vor, dass die auf neiderländisch reden, ich auf Deutsch antworte und umgekehrt. Oder auch mal ein englischer Satz dazwischen. Das ist normalerweise eigentlich ganz einfach, nur gestern, als wir alle ein bisschen viel Starkbier hatten, hat das nur Hirnkirmes bei mir verursacht. Zu viel sprachlicher Input. Ansonsten kann ich aber auch ganz okay spanisch und französisch verstehen. Ich habe irgendwie zu viele mittelmäßige Sprachskills erworben. Ich kann fließend Deutsch und Englisch und die Basics in Latein, Spanisch. Französisch, Niederländisch und wahrscheinlich bald Schwedisch. Zieht euch das mal rein! Das muss aufhören. Ich sollte vielleicht eine Sprache mal richtig lernen, statt viele nur ein bisschen. Aber schaut mal hier, an der Uni war auch was für die Schwedisch-Niederländische-Freundschaft. Herzerwärmend.


Und sonst ist Schweden echt landschaftsmäßig nicht zu toppen, denke ich. Nur wohne ich halt im Wohnheim, das noch schlimmer ist als das Crackhouse in Hamburg. Aber naja, es sind ja nur vier Monate, es schockt mich also nicht sonderlich. Außerdem habe ich in der letzten Woche so viele Spaziergänge gemacht, wie in meinem Leben vorher noch nicht zusammen. Aber hey, wenn ich die Straße runtergehe, ist da das Meer. Ist das nicht cool? Ich habe noch nie am Meer gewohnt. Das ist natürlich cool und macht alle Wohnheimstrapazen wieder wett. Und deswegen verabschiede ich mich jetzt mit einem super kitschigen Bild, auf das ich aber stolz wie Bolle bin. Meine Fotografie-Skills werden immer besser. Over And Out :)





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