Donnerstag, 21. April 2011

Opa sucht den Adrenalinkick

Eigentlich ist es ja utopisch schön - das friedliche Zusammenleben der Deutschen und der Niederländer hier im Grenzgebiet. Prinzipiell haben sich alle lieb und prinzipiell profitiert man voneinander, indem man in einer friedlichen Symbiose seine Kulturgüter austauscht: Die Niederländer fahren z.B. gerne zum Tanken nach Deutschland rüber (Super) und die Deutschen in die Niederlande (Diesel). Die Deutschen fahren schnell in die Niederlande rüber und essen dort vernünftige Pommes und die Niederländer fahren schnell nach Deutschland um sich ein ordentliches Eis zu gönnen. Und dann fahren die Deutschen gerne zu den zwei Brüdern von Venlo und kaufen Kaffee, weil der da günstiger ist und die Niederländer fahren zum Aldi und kaufen Kaffee, weil der da günstiger ist (Klassischer Fall von: Auf der anderen Seite ist das Gras immer grüner). Und so sind also letztendlich alle total happy und haben nur Respekt und Verständnis für die andere Kultur. Ja denkste!
Wir Deutschen sind immer entspannt
und die totalen Partypeople!
Es gibt hier nämlich einen kleinen Reibungspunkt: Den Straßenverkehr. Ich kann hier nur subjektiv aus Sicht einer Deutschen berichten, die zu Schande ihrer Kultur auch noch nicht mal sonderlich gut Auto fährt (und übrigens auch keine Kartoffeln mag - vielleicht sollte ich ausgebürgert werden. Wo soll das nur mit mir hinführen?) aber mir ist da was aufgefallen: Niederländer sind mit dem Auto nur so mittelmäßig gut unterwegs. Das heißt jetzt nicht, dass alle Niederländer per se total schlecht Auto fahren, bei denen sticht halt nur die Anzahl der Totalausfälle raus. Lasst mich euch da mal ein klassisches Beispiel nennen. Wir kennen sie alle - die guten alten deutschen Opas mit Hut im alten Benz. Man erkennt sie schon von Weitem daran, dass sich eine irrsinnig lange Schlange hinter ihnen gebildet hat, da sie in der Stadt grundsätzlich nur mit maximal 30 Stundenkilometern durch die Landschaft jagen. Wenn ihr denkt, dass das schon ein Aufreger ist: Es gibt eine Steigerung. Und die heißt guter alter NIEDERLÄNDISCHER Opa mit Hut im Benz. Paradebeispiel war der nette Herr, der letzens aus dem Aldi-Prakplatz auf die Straße fuhr, auf der ich gerade mit 50km/h (naja, gut, vielleicht auch 59 1/2...) entlang fuhr. Ich war etwa zwanzig Meter von dem Opa entfernt und er dachte wohl, dass er das noch locker mit den von ihm vorgelegten 3km/h schafft, sich vor mir einzuordnen. Wahnsinn, oder? Der brauchte wohl mal so eine ordentliche Portion Nervenkitzel - anders kann ich mir das nicht erklären. Da habe ich auch kurz gestaunt und dann aber lieber sofort mal eine ziemlich knappe Vollbremsung hingelegt. Und das stimmt wirklich, Anki ist meine Zeugin. Aber naja, wenigstens weiß ich jetzt, dass ein alter Benz mit gelben Nummernschild immer mit äußerster Vorsicht zu genießen - um nicht zu sagen allgemeingefährlich - ist. 
Jacques Chirac und ich - zusammen
gegen die Audifahrer
Dann gibt es da aber noch das genaue Gegenteil vom Adrenalinjunkie-Opa: Der Stoßstangenkleber. Kennen wir auch alle. Besonders ich als Opel Corsa-Fahrerin. Kaum ist man auf die linke Spur gewechselt, kommt von hinten so ein aufgeblasener Luxuswagen mit geschätzten 245 Sachen innerhalb von drei Millisekunden so nah an einen ran, dass man förmlich spürt, wie sich das Audizeichen vom Kühlergrill langsam in den Nacken brennt. Die Version des Stoßstangenklebers gibt es auch in der niederländischen Version. Nur sind die noch viel, viel schlimmer. Denn die sind entweder gleich wieder auf der niederländischen Autobahn oder kommen gerade von ebendieser. Und da gilt nun ein Mal ein Speedlimit. Das müssen die auf den ersten bzw. letzen Kilometern der deutschen Autobahn natürlich gleich mal so richtig die Sau rauslassen und gucken, was ihr Baby (meistens ein Volvo-Kombi) so kann. Und man sollte Volvos nicht unterschätzen - die können ziiiiiiiiiieeeeeemlich schnell werden. Während ich besagte deutsche Audis dann immer wieder gerne bis zur Weißglut reize, indem ich stur auf der linken Spur bleibe (ja, ich weiß, aufgeblasene Audimachos kann man nicht umerziehen - aber ich bleibe da unermüdlich dran. Jacques Chirac und ich sind da so eine Art selbsternannte Drängelsheriffs) traue ich mich das bei Autos mit gelben Kennzeichen nicht. Weil während die Audis zwar schneller fahren und penetranter sind, sind die wenigstens schon geübt im Drängeln und wissen sozusagen, was sie tun. Die sind da praktisch Vollprofis. Bei den Niederländern bin ich mir mittlerweile sicher, dass die das mit dem Drängeln nicht so wirklich unter Kontrolle haben. Die fahren immer ein Stück ZU nah auf und denken, dass Lichthupe benutzen gleichzusetzen mit Discobeleuchtung ist. So komme ich zu dem Fazit, dass die Extreme der deutschen Autofahrer in den Niederlanden noch extremer sind. 
Weil wir Deutschen so oft so sauer sind,
kriegen wir auch öfter Herzinfarkte
Und auch wenn wir subjektiv betrachtet als Deutsche die besseren Autofahrer sind, muss man den Niederländern auch zu Gute halten, dass sie eher eine Fahrradkultur sind. Und was das Fahrrad betrifft, können wir Deutschen da sowas von einpacken. Während unsereins ein Fahrrad hat, das den guten deutschen Anforderungen entspricht (Wir kennen es alle, das berühmte Bild aus der Grundschule vom Fahrradführerschein mit den Notwendigkeiten für ein Fahrrad) haben die Niederländer fahrbare Hightechstationen. Nur das Feinste vom Feinen und auch allerlei abgefahrene Extras, die ich als Fahrradstümper hier gar nicht benennen kann. Einige von den Fahrrädern sehen sogar so aus, als hätten sie Raketenantrieb. Mit ihren abgefahrenen Fahrrädern sind sie überall - egal ob bei Regen, Sturm oder minus 300 Grad Celsius. Und sie sind schnell. Au weia sind die schnell. Das war eines der elementaren Dinge, die ich hier lernen musste: Fahrradfahrer sind überall und sie kommen beim Abbiegen mit gefühlten 600 Sachen um die Ecke gepest ohne links und rechts zu schauen. Wo man in Deutschland mit einem Mercedes Stern eingebaute Vorfahrt hat, hat man sie in den Niederlanden mithilfe eines Fahrrads. Und dann ist das auch egal, ob die Ampel rot ist, 2,1 Risiko und so. Ich habe wirklich eine begründete Angst, dass Jacques Chirac und ich eines Tages deswegen mal einen von diesem Radfahrern ummähe. Man erkennt auch immer ziemlich schnell, ob ein Fahrradfahrer mal wieder einem Deutschen oder einem Niederländer die Vorfahrt genommen hat. Der Deutsche steht dann nämlich förmlich auf der Hupe und hat vor lauter Anspannung einen ganz roten Kopf. Der Niederländer wiederum bremst, lächelt und zuckt die Schultern, denn von so einem Firlefanz lässt er sich nicht stressen. Deswegen gebe ich hier mal ohne recherchiert zu haben die Prognose ab, dass das Herzinfarktrisiko in Deutschland bestimmt höher ist als in den Niederlanden. Over And Out :)

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