Dienstag, 26. April 2011

Oh - Jetzt habe ich ein bisschen gekotzt.

Familienurlaub. Von mir verhasst seit 1996 und nicht mehr praktiziert seit 2003. Zurecht, wie ich finde. Es gibt nichts Uncooleres, als mit Mami und Papi in den heißen Szenelocations wie der Mecklenburger Seenplatte oder dem Schwarzwald rumzuhängen. Wie sieht das denn bitte vor der Gang aus? Leider muss ich jetzt sagen, dass mein Pausieren in Sachen Familienurlaub früher vorbei war, als erwartet. Denn ich war im Sauerland. Mit der Familie. Yay. 
Das Sauerland. Viel Berge, viel Wiese,
wenig Entertainment
Dazu muss ich aber sagen, dass ich nicht mit meiner, sondern einer anderen Familie in den Urlaub gefahren bin. Ich weiß nicht, ob ich es erwähnt habe, aber ich verdiene mir ein bisschen Geld als Nanny dazu. Und da ich mich mit zwei lieben Kindern einfach unterfordert fühle, passe ich an manchen Wochenenden halt auf die Rasselbande der Familie B. auf - sechs Kinder an der Zahl, prinzipiell nichts als Flausen im Kopf. Ich verbrachte schon viele Wochenenden damit, vermisste Hockeyschläger wiederzufinden ("Er ist nicht in meiner Sporttasche. Ich brauch den. Jetzt!" Samira sucht und sucht und sucht und sucht. "Ach nee, war doch in meiner Sporttasche, alles okay"), mir ziemlich hart geschossene Fußbälle an den Kopf knallen zu lassen ("Atmet die noch?" - "Ja, guck mal, die atmet noch. Die simuliert nur! Lass mal weiterspielen..." Ja klar, lasst mich hier ruhig liegen. Mir geht's gut) und plötzlich explodierenden Bügeleisen ausgesetzt zu sein (wieso auf die Toilette gehen, wenn man auch ins Bügeleisen pinkeln kann?). Um es kurz zu fassen: Mich schockt nichts mehr. Auch nicht vier Tage Hochsauerland mit der Familie B.
Der ganze Trip fing schön blöd an. Jacques Chirac ist ja nicht mehr der Jüngste und hat dementsprechend nur noch so eine mittelmäßige Handbremse. Hier im absolut flachen Land ist das ja alles kein Ding. Ich suche einfach immer einen Parkplatz, der auf einer ebenen Fläche steht. Wenn ich auf einen schiefen Eben parke, macht sich der liebe Jacques nämlich immer heimlich still und leise vom Acker. Das war im Hochsauerland natürlich ein von mir vorher nicht bedachtes Problem. Find mal im Sauerland eine Stelle zum Parken, die einigermaßen eben ist. Deswegen musste ich letztendlich meine Handbremse immer so stark anziehen, bis ich vor lauter Anstrengung ganz rot im Gesicht wurde. Apropos rot im Gesicht. Hatten wir ja diesen Monat schon. Haben sich ja auch alle schon ausgiebig drüber lustig gemacht. Nur die Familie B. noch nicht, die hatte das nicht mitbekommen. Und da ich mich gerade erst von zwei Hautschichten getrennt habe, dachte meine Haut wohl, dass es auf die eine Hautschicht mehr oder weniger dann jetzt auch nicht mehr ankommt. Deswegen zeichnete sich bei mir ab Tag zwei auch schon wieder ein ordentlicher Sonnenbrand ab (ich schwöre, ich habe mich dieses Mal eingecremt) und von da an war ich für die Kinder nur noch "Frau Tomate". Hat sich irgendwie etabliert, obwohl es am Tag drei schon wieder ging und ich werde den Namen wohl für die nächste Zeit nicht mehr wieder los.
Die Idylle trügt.
So lieb waren sie nicht immer.
Eigentlich muss ich aber sagen, dass sowohl die Kinder als auch die Eltern in entspannter Ferienlaune waren und ich deswegen auch nicht so gestresst war wie sonst. Das heißt aber jetzt nicht, dass die Kinder goldig und das Leben ein Ponyhof war. Es war halt nur eine 6 statt einer 8 auf der internationalen Schmerzskala. Denn die Kinder waren auch im Sauerland manchmal kleine Satansbraten. Ich fasse nur die Highlights zusammen: Der 7-Jährige S. trank hastig eine Flasche Sprudelwasser aus, sammelte das Gas in seinem Bauch und rülpste mir voll ins Gesicht. Kenne ich schon, schockte mich nicht. S. war aber geschockt. Ganz verdutzt schaute er mich an und sagte dann: "Oh - jetzt hab' ich ein bisschen gekotzt". Leider brach ich in brüllendes Gelächter aus, statt ihn zurechtzuweisen. Dann war da noch der Vorfall mit dem Bob der Baumeister-Auto. In der Halle des Center Parks, in dem wir waren, befand sich eine von diesen schmeiß-mal-nen-Euro-ein-dann-darf-das-Blag-dreißig-Sekunden-fahren Maschinen, in die eigentlich niemand wirklich jemals Geld einschmeißt. Dachte ich zumindest. An Tag vier tat es dann aber doch mal ein liebevoller Vater und R. - 4 Jahre, größter Bob der Baumeister Fan der Welt - hat es gesehen. Da gab es dann aber kein Halten mehr. R. riss sich von meiner Hand los, lief zu dem armen Kind, das ihm körperlich bei Weitem unterlegen war (ich schätzte es auf 1 1/2) und riss es mit großem Gebrüll aus dem Gefährt. Da müssen wir also noch ein bisschen an den sozialen Skills arbeiten. Das letzte Highlight des schlechten Benehmens war dann, dass R. gerade gelernt hatte, was ein behinderter Mensch ist und wieso der seine eigene Toilette bekommt. Das musste er natürlich gleich dem ganzen Center Park kundtun. Als ich mit ihm auf dem Weg in die Frauentoilette war (das darf er, weil er noch klein ist. Ich bin schon groß und deswegen darf ich nicht einfach so auf das Männerklo. Und auf die Behindertentoilette dürfen wir beide nicht. Denn wir sind weder im Kopf noch am Körper kaputt - so lautete die Erklärung. Das fand er merkwürdig) brüllte er im reingehen durch das ganze Restaurant: "Saaaaamiraaaaaa die Frau hier vorne ist voll behindert, die muss auf das Klo für die Kaputten!" - bloß weil sie einen Gipsarm hatte. Kinder - bereichern unser Leben immer ungemein.
Batmansocken mit Wanderschuhen.
Ich bin so hot.
Letztendlich muss ich auch sagen, dass ich mir in der Rolle als Supermami auch nur so mittelmäßig gut gefalle.  Deutlichstes Zeichen war, dass alle netten jungen Herren im Schwimmbad einen riesigen Bogen um mich gemacht haben, da ich erstens den unschärfsten Speedo-Badeanzug der Welt anhatte, dazu auch noch immer drei bis vier Kinder um mich rumtanzten und als besonderes i-Tüpfelchen der Sexyness waren meine Haare durch das Chlor und die Bergluft zu einem schönen Batzen Drahtwolle mutiert. Das Einzige, was mich aufmuntern konnte war, dass ich wenigstens die Dünnste im ganzen Umkreis war (mannoman waren da Brecher unterwegs. Wenn die hinter mir gerutscht sind, hatte ich immer Todesangst). An Tag vier war ich dann auch abgehärtet in Sachen Entblößung auf öffentlichen Plätzen. Wenn die Kleinen sich an mir festgehalten haben, dann immer garantiert so, dass mein halber Badeanzug mit runterkam. Begehrenswert wurde ich erst wieder, als mir die Ehre zu Teil wurde, am Medeloner Scheunenfest teilzunehmen. Abends war ich nämlich im Nachbarort in einem Hotel einquartiert. Und als ich Sonntagabend ins Hotel kam, schleppte mich der Sohn des Hoteliers mit auf das Scheunenfest. Mannomann. Auf dem Dorf weiß man anscheinend noch, wie man richtig säuft. Als ich um neun ankam, waren alle schon voller als Charlie Sheen an nem guten Tag und spitz wie Nachbars Lumpi. Dann kam ich. Die Hauptattraktion. Die Einzige in dem Raum, die mit keinem der 640 Einwohner verwandt war. Freiwild sozusagen. Das wusste ich nicht. Ich wusste aber, dass ich mich da ganz schnell wieder aus der Affäre ziehen musste, weil es sonst ein Unglück gegeben hätte und irgendwer schwer verletzt worden wäre (Ich find' das ja so gar nicht gut, wenn man mich besoffen anmacht). So kam es, dass mein Abenteuer auf dem Medeloner Scheunenfest eine viertel Stunde und drei Eheversprechen später bereits schon wieder beendet war. Bäuerin im Hochsauerland zu sein ist irgendwie nicht so mein Ding. Jacques Chirac und ich würden dauernd nur damit beschäftigt sein, einen Parkplatz zu suchen. Zudem müsste ich bei mindestens vier Kindern sofort einsteigen. Das ist wie bei den Sims: Mein Schwierigkeitslevel ist bereits ans Maximum gepusht. Mit einem Kind wäre ich unterfordert. Over And Out :)

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