Sonntag, 19. Februar 2012

Auf der Mauer auf der Lauer - lag ich nach der Happy Hour!

Kennt ihr, ne? Habt ihr bestimmt diese Woche etwa eine Trilliarde Mal auf Facebook gesehen. Da ich derzeit ja nun wirklich mehr als genug Freizeit habe, habe ich mal meine eigene Version von diesem Dings gebastelt. 


Denn ist ja wirklich so. Eigentlich sollte ich hier ja studieren, bis mir der Dampf aus den Ohren kommt - aber irgendwie geht mein Plan hier nicht so auf. Denn ich habe wie vorher ziemlich oft erwähnt nicht sonderlich viel zu tun. Deswegen stürze ich mich halt ins Nachtleben von Halmstad.

Die letzten Wochen habe ich meine Ausgehquote um gut 600% gesteigert, was allerdings nicht schwierig ist, da man mich vorher ja nicht sonderlich als Partymaus bezeichnet konnte. Doch die ewige Freizeit bringt es halt mit sich, dass man mal hier und mal da auf Partys ist. Denn es geht ja nicht nur mir so, auch die anderen Erasmus-Studenten haben einfach mal so gar nichts zu tun. Deshalb haben wir irre viel Zeit, uns auf die Planung von Partys zu konzentrieren. 

Außerdem verkörpere ich ja hier auch gleich meine deutsche Nationalität und muss hier so einiges ausbügeln, was andere Nationen über die Deutschen denken. Ich versuche ihnen also das Bild vom ewig verklemmten, unlustigen und steifen Deutschen zu nehmen und zu zeigen, dass wir auch echt leidenschaftlich, saukomisch und locker sind. Klappt auch ganz gut - wenn auch unfreiwillig. Statt mich also in meinem Zimmer zu verbarrikadieren, gehe ich da raus und verkünde die frohe Botschaft, dass wir Deutschen die totalen Partytiger sind.

Die Leidenschaft habe ich gezeigt, indem ich mit ein paar hundert Promille im Blut Macarena getanzt habe und auch beim nächsten und übernächsten und überübernächsten Lied nicht damit aufhören wollte, bis man mich mich mit Gewalt von der Tanzfläche zerren musste. Komisch war ich, als ich auf dem Eis einen Michael-Jackson-Gedächtnismoonwalk machen wollte und gleich erst mal rückwärts im Graben gelandet bin. Und locker war ich, als der Franzose gegen mein sauber aufgestelltes Meisterwerk des Biertürmchens gelaufen ist, dieses daraufhin umfiel und er mich danach mit den Dosen beschmissen hat, die dann danach alle total verbeult waren und das Biertürmchen deshalb jetzt der Vergangenheit angehört (obwohl ich da mal kurz überlegt habe, ihm dann da noch mal die deutsche Leidenschaft zu zeigen, indem ich ihm eins überbrate, dann habe ich mich aber umentschieden und lachend den Bierdosenkrieg eröffnet, indem ich zurückwarf). 

Und ich habe mich in meiner eigenen Witzigkeit übertroffen, indem ich die Mail "Ihr Postfach ist fast voll" vom Microsoft Exchange mitten in der Nacht nicht mehr ganz nüchtern so beantwortet habe (das habe zwar nur ich verstanden - ich fand mich aber lustig):



Allerdings habe ich jetzt nach vier Wochen schon einen absoluten Party-Overflow. Denn ich habe mit so gut wie jedem hier schon gesprochen und irgendwann ist auch mal gut. So habe ich mit Erschrecken festgestellt, dass ich letze Woche angefangen habe, vorzuarbeiten. Ich hatte mal wieder nichts zu tun und habe meine Mails auf der Fontys-Seite gecheckt. Ohne es zu merken, habe ich mir wie in Trance mal die Folien für das nächste Jahr angesehen und ehe ich mich versah, habe ich mir schon mal ein Grundwissen für das Modul ALA 1, also B2B-Marketing angeeignet. 

Als ich da so saß und mir die Folien angesehen habe, saß plötzlich die Vergangenheits-Samira aus dem 4. Semester neben mir und hat verächtlich den Kopf geschüttelt. "Ey, Maaßen!" hat sie gesagt "Genieß doch mal, dass du hier mal ein halbes Jahr ausspannen kannst und dir einen immensen Vorsprung in Cultural Studies verschaffen kannst. Also geh einfach jetzt da raus und spreche mit der Brasilianerin, den Franzosen, dem Chinesen oder dem Türken. Du hast sogar die freie Wahl!". "Aber das geht nicht" habe ich mich gerechtfertigt. "Es ist drei Uhr. Die liegen alle in ihren Betten und sind total durch!" 

Stimmt ja auch. Hier im Studentenheim sind die Flure tagsüber menschenleer und es herrscht eine gespenstische Stille. Fehlt nur noch, dass die Titelmelodie aus "Spiel mir das Lied vom Tod" läuft und ein kahler Busch durch die Flure fegt. Und dann gehen plötzlich gegen sechs Uhr Abends die Türen auf und es kommt bis spät nachts Leben in die Bude. Hier ist der Tagesrhythmus irgendwie total verquer. Duschen um halb zwölf, Wäsche waschen um eins und Schnitzel braten um halb drei? Kein Ding. Flur staubsaugen um neun Uhr morgens? Teeren und Federn! Kein Wunder also, dass ich erst mitten in der Nacht ins Bett gehe und mich dann wunder, wieso der halbe Tag schon wieder vorbei ist, wenn ich mich am nächsten Mittag so aus dem Bett schleppe. 

Allerdings muss man dafür ja auch ein bisschen die Evolution verantwortlich machen, da mein Körper mir erst um 11 Uhr signalisiert, dass der Tag anfängt und es Zeit zum Aufstehen ist, da es vorher einfach noch total dunkel ist. Deswegen macht mir der Sommer auch ein bisschen Angst. Wahrscheinlich werde ich ab Mai etwa so 22 Stunden am Tag wach sein und wie ein Duracellhase durch die Gegend titschen. Das ist doch irgendwie unausgewogen...

Erfreulich ist allerdings, dass die Temperatur steil nach oben geht. Wenn man hier mal ein bisschen rechnet, ist der Sommer nicht mehr weit entfernt. In den letzten zwei Wochen ist die Temperatur von -18°C auf +2°C angestiegen. Das ist ein Temperaturanstieg von 20°C (!). Wenn das so weitergeht, sind es also in zwei Wochen 22°C! Ich gebe zu, dass es ein wenig unwahrscheinlich ist, aber man wird ja wohl noch mal träumen dürfen. Ich für meinen Teil habe wegen des extremen Temperaturanstiegs jetzt den Sommer eingeläutet und habe erst mal den ganzen Tag das Fenster auf. Gestern bin ich auch ohne Jacke zum Supermarkt gegangen und habe dabei nicht mal gefroren. Unglaublich, wie schnell der eigene Körper verwirrt wird, wenn man ihn in anderen klimatischen Verhältnissen aussetzt. 

Langsam macht die ewige Dunkelheit und klirrende Kälte den Austauschstudenten aber auch echt zu schaffen. Mir gehts ganz gut, aber viele leiden unter einer akuten Winter-Depression und sind deswegen extrem antriebslos. Außerdem sind viele Südländer die Kälte nicht gewohnt. Krassestes Beispiel war von einer Brasilianerin, deren Haut auf Hand vor lauter Trockenheit einfach so aufgerissen war, dass der Arzt ihr einen Verband verpassen musste. Aber es ist durchhalten angesagt. In zwei Wochen ist Sommer, da glaube ich ganz fest dran. Muss ich auch. Sonst wird man doch wahnsinnig.

Deswegen kann man auch verstehen, dass wir uns deswegen lieber in das Partyleben stürzen, statt den ganzen Tag zu Hause zu sitzen und Frust zu schieben. Allerdings könnte man auch ne entspannende Ayurveda-Kur machen oder sich ein neues Hobby suchen - aber wir sind doch hier nicht im Altersheim! Ich wünsche euch auf jeden Fall eine tolle Karnevalszeit. Trinkt nicht so viel und schunkelt einmal für mich mit, denn ich bin jetzt Over And Out :)

1 Kommentar:

  1. grandios was du so zusammen schreibst hab mich kaputt gelacht. bin hier gerade in Barcelona im Erasmusjahr, du hast so Recht!

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