Sonntag, 16. Oktober 2011

Do you want to verarsch me?!

Diese Woche hat sich meine liebe Hochschule mal wieder nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Ich auch nicht. 
Da könnte man ja meinen, dass wir eigentlich quitt sein sollten - aber weit gefehlt. Die Fontys mit ihren typisch niederländischen Verwaltungsstrukturen hat mich und meinen Kommilitonen WAHNSINNIG gemacht. Eine Wochen-chronik:

Sonntag: Ich verzichtete zugunsten einiger organisatorischer Dinge darauf, mich Samstag schon wieder so extrem aus den Leben zu schießen, dass ich am nächsten Morgen unter dem Küchentisch aufwache. Lieber wollte ich mich einiger liegengebliebenen Dinge widmen, unter anderem auch der Organisation meines Auslandsaufenthalts. Ich habe mir nämlich brav ein paar Bücher über Schweden gekauft und wollte mich da mal so reinarbeiten. Lernte also ein paar schwedische Grundvokabeln ("Ja, nein, danke, bitte") und etwas über schwedische Kulturunterschiede.

Schweden kann kommen - Samira hat Bücher gekauft.

Montag: Der Kommilitone, der mit mir zusammen nach Schweden fährt, taucht bei Facebook aus der Versenkung auf. Nachricht mit dem Betreff: "Denkst du an die Deadline?". Als ich das auf der Arbeit las, wurde mich sofort richtig heiß. Bewerbung oder so ein Quatsch hatte ich noch nicht angefangen. Ich war schon froh, dass ich daran gedachte hatte, die Woche davor mit meiner Schwester telefonisch auf Dokumentensafari bei meinen Eltern im Zimmer gegangen zu sein, damit wenigstens alle wichtigen Unterlagen bei mir in Hamburg sind*. Aber anscheinend musste ich mich schon bis Freitag eingeschrieben haben. Pretty knapp. Aber noch war ich gechillt. Die Bewerbung habe ich dann in der Mittagspause auch gleich in Angriff genommen.

Dienstag: Ich bekomme eine Mail aus Eindhoven, die mich beglückwünscht, dass ich dazu auserkoren wurde, mit nach Schweden zu dürfen. "Vielen Dank, Eindhoven - das weiß ich schon seit ganzen sechs Monaten" denke ich mir, als ich die Mail lese und verdränge diese gleich wieder. Eine halbe Stunde später dann eine Mail mit roten Ausrufezeichen, mit der Info, dass wir bis Freitag alle Dokumente in Eindhoven haben müssen. Und das nicht digital, sondern per Post. Hörte sich in der Mail zumindest so an. Juhei. Mathematisch gesehen recht... knapp! Kurze Angepisstheit, weil da ja anscheinend niemand auch nur irgendwie die Deadline im Blick hatte. Aber das nützt ja nichts, also dann mal los. Total dreist die Arbeit liegen lassen und die Bewerbung durchpowern. Was jetzt nicht heißt, dass ich die Arbeit ignoriert habe. Nein, diese Arbeit habe ich dann einfach noch von fünf bis neun nachgeholt. Ein Spaß. Noch kann ich mir dank exzessivem Coldplay-Hörens weiß machen, dass ich ein Gänseblümchen bin (bis zu einem gewissen Grad hilft das Album Parachutes von Coldplay immer. Ihr solltet es ausprobieren).



Mittwoch: Telefonische Krisensitzung mit meinem Kommilitonen, da der Dienstag bereits ins Land gegangen ist, ohne, dass ich meine Bewerbung abschicken konnte weil ich noch auf eine Info seitens der Fontys warten musste, die sich entspannt viel Zeit mit der Antwort nahm. Brief in zwei Tagen bis nach Eindhoven schicken ist in Sachen Timing doch recht riskant. Für mich ein Ding der Unmöglichkeit nach Eindhoven zu fahren und das persönlich abzugeben. Kommilitone macht Praktikum in Düsseldorf. Ich schicke eine Kopie an Eindhoven, eine an meinen Kommilitonen. Wenn alle Stricke reißen, nimmt er sich Freitags spontan frei und fährt nach Eindhoven. Viel Geschimpfe über die niederländische Easy-Going-Mentalität. Meine Anspannung verwandelt meine passive Aggressivität in eine aktive. Meine Mutter hilft nicht gerade mit den Worten "Das käme ja schon nicht so gut, wenn du International Marketing studierst und nie im Ausland warst, ne".

Donnerstag: Erst großes Kopfkino und extremes Reinsteigern. Wenn das nicht rechtzeitig da ist, dann fällt Schweden ins Wasser. Das ist echt zum Ausrasten! Die Niederländer und dieses ewige "Kommste heut nicht, kommste morgen". In 90% der Fälle auf jeden Fall sympathisch, wenn es aber im Deadlines geht oder so, kann ich meine Deutschheit nicht ablegen und will alles sechs Wochen vorher anfangen und ich trockenen Tüchern haben. Damit genau so etwas nicht passiert! Natürlich auch ein wenig verärgert über meine eigene Naivität, dass die Hochschule schon rechtzeitig Bescheid sagen und die richtigen Infos geben würde. Und, dass ich mich nicht vorher drum gekümmert habe. Temporäre exorbitante Antisympathie gegen diese Fontys! Die nerven alle! Aaaaah! Dann Mail vom Study Abroad-Team - Entwarnung. Die Dokumente müssen nur digital bis Freitag in Eindhoven sein. Das habe ich schon Dienstag erfolgreich gemeistert. Mir fällt ein Hochhaus vom Herzen und ich bin wieder einigermaßen ausstehlich. 

Wären die Kekse alle gewesen, hätte es wahrscheinlich echt
das Fass zum überlaufen gebracht und ich wäre Amok gelaufen.

Freitag: Ende gut, alles gut. Endlich kann ich wieder Lachen. Zeit für eine Selbstreflexion. Ich denke mir, dass ich der Hochschule schon ein wenig Unrecht getan habe. Schließlich bin ich erwachsen und sollte mich um meine Sachen eigenständig kümmern sollen können. Zwar würden deutsche Hochschulen wahrscheinlich echt alle Deadlines im Blick haben und sechs Wochen im Voraus Bescheid geben, aber ich studiere nicht in Deutschland. Und das hat ja schließlich einen Grund. Die Niederländer sind lockerer drauf als wir Deutschen und das fand ich schon immer gut. Dass diese extreme Lockerheit auch Schattenseiten hat, weiß ich ja nicht seit gestern. Aber naja, in Stresssituationen schiebe ich die Verantwortung gerne meilenweit von mir weg. Jetzt komme ich aber wie gesagt zu dem Ergebnis, dass sich alles auf die niederländische Art und Weise doch noch rechtzeitig geklärt hat. Ich habe mir nur wieder unnötig deutschen Stress gemacht. Wieder was gelernt. Over And Out :)

*Kleiner Exkurs zu diesem Gespräch. Ich zu meiner Schwester am Telefon: "Schau mal in dem weißen Ordner" - "Da ist nichts. Nur irgendwelche langweiligen Unterlagen von deinem Cambridge Examen" - "Der grüne Ordner?" - "Auch nichts. Sieht nach Klausuren aus" - "Dann versuch mal dem schwar..." - "...aha! Du bist damals aber ziemlich oft in Deutsch durchgefallen. Weiß die Mama das?" - "Schwester, versuch es mit dem schwarzen Ordner!" - "Ich deute das als "Nein". Das werde ich sowas von total gegen dich verwenden, wenn du mir das nächste mal auf die Eier gehst" - "Schwester! Schwarzer Ordner!" - "Du hast da doch noch diesen schmucken schwarzen Pullover, der mir so gut steht..." - "BITTE SCHAU NACH OB IN DEM SCHWARZEN ORDNER DIE DOKUMENTE SIND!!!" - "Krieg ich den Pullover?" - "NEIN!!!!" - "Gut, dann bleiben die Dokumente halt hier" - "GRAAAAAH! NIMM DEN SCHEIß PULLI ABER SCHICK MIR DIE DOKUMENTE!!!" - "Geht doch. Da sind sie auch schon. Schick ich morgen los" - Oh man. Schwestern.


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