Sonntag, 20. November 2011

Zwiegespräch mit meinem
15-Jährigen Selbst.

Diese Woche war ich in der Heimat. War sogar fast total schön. Endlich mal wieder Freunde und Familie sehen, sich von Mutti bekochen lassen und den neuesten Tratsch und Klatsch aus dem Dorf aufschnappen. Herrlich, mal wieder so richtig über die Menschen aus der Heimat abzuledern. Immer wieder interessant zu erfahren, wer mit wem und warum und aber auch, warum gerade nicht mehr. Zuerst war da also ein totales Hochgefühl.

Den ersten Dämpfer musste ich dann allerdings erfahren, als ich in mein Zimmer kam und das hier los war:


Meine Familie hat eiskalt meine geliebte Pflanze verrecken lassen. Da gibt man ein mal seine Schutzbefohlenen in die Obhut seiner Familie und dann das. Kollateralschaden. Nicht mal Chuck Norris könnte diese Pflanze (die übrigens früher mal auf den Namen Hubert hörte) noch retten. Zu der Verteidigung meiner Familie muss ich allerdings sagen, dass meine zwei anderen Pflanzen das Märtyrium überlebt haben - wenn auch vollkommen dehydriert und metaphorisch gesehen röchelnd und ätzend sich auf dem Boden wendend. 

Naja, machste nix. Wie man an der kleinen Farbexplosion auf diesem Bild auch unschwer erkennen kann, war ich auch endlich wieder zurück in meinem persönlichen kleinen Teenagermuseum. Das ist ja auch immer ein Punkt, der das Nachhausekommen immer so spannend macht. Alles in meinem Zimmer ist immer noch genau so, wie ich es bei meinem Auszug vor vier Jahren hinterlassen habe. 

Und so treffe ich immer wieder gerne auf meine alte Busted-Sammlung (Ich war 15 und schwer verliebt. Falls ihr euch nicht mehr an diese erstklassige Band erinnern könnt, frische ich euer Gedächtnis gerne wieder auf.) und anderen Relikten aus einer mittlerweile ganz anderen Zeit. Ich gebe da nur so die Stichworte Miss Sixty Hosen, Harry Potter Bücher, Malcolm Mittendrin DVDs, knallbunte Schweißbänder ... Ihr wisst, was ich meine. Die Welt, wie sie war, als wir halt 15 waren. 

Wenn die 15-Jährige Samira mich jetzt sehen könnte, würde sie wahrscheinlich einen Nervenzusammenbruch bekommen. Denn leider bin ich weder auf dem Weg eine Bestsellerautorin zu werden, noch habe ich es auf die Reihe gekriegt, den Bassisten von Busted zu heiraten oder lupenreine Porzellanhaut zu bekommen. Stattdessen mache ich ein unterbezahltes Praktikum mit viel IT-Zeugs, kann nicht mal eine Verlobung vorweisen und das mit der Porzellanhaut... wir wollen lieber nicht drüber sprechen. 

Tut mir also Leid, liebes 15-Jähriges Selbst. Ich möchte dir trotzdem gerne sagen: DAS LEBEN IST KEIN PONYHOF! Außerdem, schau dir bitte mal den Typen von Busted jetzt an. Es ist also durchaus okay, da mal hier und mal da in der Lebensplanung was umzuschmeißen. Sonst wärst du jetzt in einer grausamen Lebensgemeinschaft mit dem da (oder soll ich lieber sagen: das da?)


Jap, ihr sehr richtig. Der junge Mann hat nach Abklingen der Boyband-Karriere dann auf Dschungelcamp umgeschult und ist mittlerweile zum Moderator dieses kulturell und intellektuell wirklich höchst anspruchsvollen Fernsehformats aufgestiegen. Und ziemlich fett ist er. Und er hat auch Tribals auf den ganzen Körper tätowiert. Und er hat auch mal öffentlich James und David Cameron vertauscht. Als Engländer wohl gemerkt. Also wahrlich ein Traummann.

Wäre ich mit das da gestrandet, wäre ich dann wahrscheinlich jetzt eine der Ghostwriterinnen für Dr. Stefan Frank, Der Bergdoktor oder meinen absoluten Favoriten Mami - Gefühle kann man lesen. Oder noch schlimmer: Ich würde unwitzige Frauenromane schreiben, die selbst Hausfrauen grottig schlecht finden. Und hätte wahrscheinlich eine Vorliebe für pinke Jogginganzüge. Und wäre jedes Wochenende asozial betrunken im Pub und würde Leute anpöbeln. Ja dann lieber doch nicht. Plötzlich ist mein Leben doch ganz okay. Oder, liebes 15-Jähriges selbst?

Allerdings hätte ich dann natürlich auch reich werden können. Denn dann hätten die von Little Britain ordentlich Lizenzgebühren an mich zahlen müssen, für die eins zu eins Adaption meiner Persönlichkeit. Mir schwebt dann nämlich als potentielles Selbst etwa das hier vor:


Bei genauerer Betrachtung wäre das natürlich schon eine ziemlich steile Zukunft. Aber das ist ja irgendwie hätte, hätte, Fahrradkette. Ich bin keine gefeierte Bestsellerautorin, aber ich bin auch nicht so wie Vicky aus Little Britain geworden. Also doch alles Wölkchen. Denn, liebes 15-Jähriges Selbst: Es kommt erstens immer anders und zweitens als man denkt.

Mal schauen, was mein 30-Jähirges selbst dann später mal zu meinem 23-Jährigen Selbst sagt. Wahrscheinlich wird es mich auslachen. "Süß. Du wolltest was mit Medien und Marketing machen. Jetzt wohnst du in nem Wohnwagen am Stadtrand, hast sechs Kinder von sieben Vätern (beim kleinen Enrico-Dscheremmi ist nicht ganz raus, ob Ralf oder Horst der Vater ist) und verdienst dein Geld damit, dass du getragene Unterwäsche nach Japan verkaufst". Oder aber noch schlimmer: "Jetzt wohnst du mit dem Christian, den du schon in der zweiten Klasse abstoßend fandest, im Vorort, bist Hausfrau und Mutter eines adoptierten Rauhaardackels und (jetzt kommt das Schlimmste) bist AKTIVES MITGLIED DER FDP!"

Naja, das Ende ist wie gesagt offen. Vielleicht werd ich auch einfach keine 30. Over And Out! :)



1 Kommentar:

  1. Genial wie immer. Vor allem dann, wenn man Dein 15-jähriges Selbst persönlich kennenlernen durfte. Und das 12-jährige und das 10-jährige. Ja, ja und auch das 23-jährige. Wenn Du weißt, was ich meine...

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