Sonntag, 23. Juni 2013

Ba...ba...Bachelorette!

Hallo Leute! Ihr habt es bestimmt gelesen: Ich bin jetzt studiert, denn ich habe mein Studium anscheinend erfolgreich abgeschlossen. Ganz schön abgefahren, wenn ihr mich fragt. Ich verfüge jetzt tatsächlich über eine Ausbildung. Böse Zungen aus dem IBE-Department behaupten zwar, es sei eine Ausbildung im Singen und Klatschen, aber die sind ja nur neidisch, dass ich viel besser ausmalen kann als die. 

Muahahaha, endlich kann ich das ankreuzen und es ist nicht mal gelogen!
"Und wieso meldet sich die Olle dann jetzt erst fast zehn Tage später? Hätte die auch ruhig vorher mal drüber schreiben können!" werdet ihr euch wahrscheinlich jetzt denken. Tja, ich bin da ein bisschen aufgehalten worden. Denn pünktlich eine Woche bevor ich zur mündlichen Prüfungen antanzen musste, haben meine Zähne beschlossen, mir mal so richtig ordentlich und total auf die Nüsse zu gehen. Denn als ich nichtsahnend in ein ziemlich leckeres (wegen weil von mir höchstpersönlich angefertigtes - wenn man keine Thesis mehr schreiben muss, hat man plötzlich wieder für sowas Zeit) Bruscetta beißen wollte, sagte mein Kiefer einfach so und ohne Vorwarnung: "So, genug Spaß gehabt. Du hast schließlich schon fünf volle Tage nach der Abgabe genießen können - jetzt verknacks ich mich mal ordentlich!". Resultat: Totale Kiefersperre und Zahnschmerzen aus der Hölle. 

Das macht richtig Spaß, wenn man eine Woche vor der mündlichen Abschlussprüfung steht und dann erst mal den Kiefer nicht richtig auseinanderbekommt. Gut, es gab da die ein oder andere Person, die das ziemlich gutgeheißen hat (Mein Kollege: "Man Samira, ich hab bestimmt jetzt schon drei Stunden ungestört arbeiten können, ohne dass du mich über die neuesten Gerüchte über Angelina Jolie auf dem Laufenden gehalten hast. Kannst du das mit der Kiefersperre nicht noch ein bisschen behalten?") und es hat auch ziemlich für Amüsement gesorgt ("Na Sam, willste auch noch n Nappo?") aber ich habe mich damit gerächt, dass ich allen Personen einfach ungefragt einen stündlich mündlich überlieferten Newsticker zum Stand meiner Zahnschmerzen überliefert habe. 

Ich versuche trotzdem, positiv zu bleiben.

Was mich allerdings gewundert hat: Es gibt schon ziemlich viele Menschen, die davon fasziniert sind und sich tatsächlich auch in aller Regelmäßigkeit über meinen Zustand erkundigten. Denn eigentlich hätte man aus der Geschichte auch ne Telenovela machen können, so viel ist in den zwei Wochen mit meinem Mund passiert. Denn nachdem ich eine Woche lang dem Trugschluss erlegen bin, dass das schon irgendwie ohne ärztliche Hilfe wieder wird, musste ich dann doch klein beigeben und zum Zahnarzt gehen. Da war ich aber tatsächlich schon fast zehn Jahre nicht mehr und ich war selber schon total schockiert, als ich meiner neuauserkorenen Zahnärztin vorrechnete, wie lange mein letzter Zahnarztbesuch her war. Aber gut, jetzt kann ich ruhigen Gewissens sagen, dass ich alle versäumten Besuche innerhalb einer Woche wieder aufgeholt habe. Denn als die Zahnärztin sich das Schlamassel in meinem Mund ansah, sagte die nur: "Näh. Das wird nix mehr mit Wunderheilung. E3673482Vxg7 bis 10 müssen raus" (Mit dieser wirren Buchstabenkombination meinte sie nur meine Weisheitszähne - aber ihr kennt das ja, für den Laien heißt das Schneidezahn, für den Zahnarzt irgendwas wie ein Düsenjet). 

Als ich die junge Frau fragte, wie dringend es sei, sagte sie irgendwas von wegen, dass das jetzt nicht mehr besser sondern eher nur noch schlimmer werden würde. Also sollte ich die Dinger am besten bis gestern rausbekommen. Aber da sie gerade so auf mein Röntgenbild schaute, teilte sie mir auch gleich mit, dass die das nicht machen würde, weil erstes hier zweitens hier und drittens hier (ich will euch da nicht langweilen, aber es sah aus, als wäre es kompliziert). Als ich berichtete, dass die mündliche Prüfung anstand, saugte sie zischend Luft durch die Zähne ein. "Tja, dann mal viel Erfolg nächste Woche. Ich kann Sie aber auch krank schreiben".

Das Schild hätte ich beim Zahnarzt gut gebruauchen können...
Äh lass mal kurz überlegen. Es gab da also jetzt drei Szenarien, von dem mir keine auch nur im Geringsten gefiel. Entweder, ich ließ mir die Zähne sofort rausnehmen und hoffte, dass das bis Dienstag so abgeheilt sei, dass ich sprechen kann (klar, wir kennen ja alle die Personen, die zwei Tage später schon wieder Top in Form sind und auch nicht aussehen wie ein Backenhörnchen...) oder ich ließ mich krankschreiben und wartete auf einen Ausweichtermin, der irgendwann Ende Juni wäre - wobei Problem Numero Uno gewesen wäre, dass ich am 28. nach Oxford fliege und das Problem Numero Due wäre - was mich viel wahnsinniger gemacht hätte - dass ich noch drei Wochen länger auf mein Ergebnis hätte warten müssen und in der Zeit sowohl alles wieder vergessen hätte, was in dem Bachelordings steht, als auch vor lauter Nervosität sämtliche Stifte im Büro niedergekaut hätte. Letzte Option war dann also: Aushalten und versuchen, nicht auszurasten. Die hab ich dann gewählt und hab mich IRRE gefreut, mit den Schmerzen eine zwanzigminütige Präsentation halten zu dürfen. 

Deswegen fand ich meine Prüfung noch blöder als ohnehin schon. Was auch gemein war, war die Tatsache, dass die Prüfungen ja den ganzen Juni über verteilt sind und dementsprechend jeder Student einen anderen großen Tag des entweder Erfolgs oder Misserfolgs hat. Gleich am ersten Tag der Prüfungen war A. dran, was einerseits echt befreiend für sie war, denn zwischen Abgabe und Präsentation lag nur knapp eine Woche und sie hatte keine Zeit mehr, sich verrückt zu machen (denn falls ihr es noch nicht mitbekommen habt: Darin ist sie Meisterin. Müsste ich darauf wetten, wen ich bei der Wartezeit zwischen Abgabe und Präsentation am ehesten sich hin und her wiegend in einer schweren Form des Hospitalismus wiederfinden würde, hätte ich mein ganzes Geld  auf sie gesetzt). Und ich habe mich wirklich wie irre für sie gefreut, als sie dann verkündete, dass sie jetzt nen Abschluss hat. Immer noch unwirklich. Gestern noch haben wir auf dem Schulhof darüber gestritten, ob Fabian aus unserer Klasse oder Martin aus der 11ten der Süßere ist und ob ich A.s Franzehausaufgaben haben kann, wenn ich ihr im Gegenzug abends V+ aus dem Kiosk besorge, weil ich schon 16 bin und A. nicht und jetzt sind wir plötzlich schon studiert. Ganz schön abgefahren, wie schnell wir so alt geworden sind. 

Wenn das mal so einfach wäre...
Naja, A. hat mir trotzdem ganz schön Angst gemacht, als sie mir von ihrer Präse berichtet hat, aber sie hat sie trotzdem noch ganz gut hinbekommen (That's my girl!). Ein ganz anderes Kaliber war natürlich der IBEler meines Vertrauens. Ganz cool reingegangen, eben die Präsentation gerockt und dann die Frage gestellt, wieso sich denn jetzt hier alle so aufregen und dass das doch schon ganz schön einfach war. Ich war also tatsächlich mit den zwei Typen konfrontiert, die mir in Stresssituationen am Wenigsten gut tun: Einer Hyperaktiven und einem Übercoolen. Hat also meine emotionale Balance ziemlich sabotiert. 

Aber Dienstags war ich dann auch endlich dran, nachdem ich schon dreihundert mal auf Facebook "Ich hab's geschafft!" gelesen habe und hatte auf einer Schmerzskala sogar nur 9,5 von 10 Punkten gegeben. Das kann aber daran liegen, dass ich ziemlich unausgeschlafen war und es meinem Körper dann letztlich egal war. Naja, eigentlich hatte ich vorher nicht so den Zweifel, dass ich durch die BA durchgerasselt sein könnte, weil ich Berichte eigentlich ja immer gut geschrieben habe. Aber als meine Präsentation beendet war und die Fragerunde losging, wurde mir plötzlich klar, dann es hier gerade um etwas ging. Denn normalerweise wurde ich am Ende immer mit kleineren Verständnisfragen konfrontiert, da ich mich ja bei sowas gerne oberhalb der 8 irgendwas Spähre bewege und plötzlich haben die mir essenzielle Fragen gestellt. Oh oh. Das ist irgendwie, als würde man an einem schönen Tag im Café sitzen und dann Zeuge werden, wie ein Bus in die Fußgängerzone kracht. 

Schaut mal, bei der Abgabe war sie noch optimistisch.
Hochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall.
Zudem machte es mich nervös, dass die Prüfer sehr nett waren und die Fragen sehr sanft stellten. Das war so voll total das Gegenteil von dem, was ich gehört hatte. Mir war plötzlich klar, dass es schon sein könnte, dass ich das hier überhaupt nicht gut gemacht habe. Zudem fand ich mich in einer Endlosschleife mit meinem Drittprüfer wieder, der immer und immer und immer wieder davon anfing, wieso ich kein Popup-Fenster einfügen würde, was eigentlich eine ziemlich banale Frage war. Der Dialog ging etwa so und wiederholte sich tatsächlich mehrere Male:

"Wenn Sie Mitglieder anwerben wollen und die mehr auf der Homepage geleitet werden sollen, wieso machen Sie dann kein Pop-Up Fenster?"
"Weil die meisten Browser einen Pop-Up-Blocker integriert haben und die Nachricht gar nicht erst bei den Nutzern ankommen würde"
"Haben Sie Zahlen dazu, wie viele Internetnutzer nicht durch diese Fenster erreicht werden können?"
"Nein, denn bis gerade hatte ich auch noch nicht die Erkenntnis, dass mir diese Frage gestellt werden könnte"
"Wäre es eine Option?"
"Nein"
"Wieso nicht?"
"Wegen der Pop-Up-Sperre"
"Aber dazu haben Sie keine Zahlen"
"Das weiß man doch aber"
"Aber beweisen können Sie es nicht"
(Gedanke Samira: "Dass die Herdplatte heiß ist, kann ich auch nur beweisen, indem ich meine Hand drauflege, man muss nicht immer alles beweisen!")

"Ohoh" ist das Wort, nachdem du suchst, Samira...
Und dieser Dialog wiederholte sich mehrmals, da der Drittprüfer ihn immer wieder anstieß. Eigentlich war ich felsenfest davon überzeugt, dass Pop-Ups eine dämlich Idee wären, aber nachdem es das dritte Mal angesprochen wurde, war ich davon überzeugt, dass er mich auf eine richtige Antwort stupsen wollte. Also gab ich einfach nach und sagte "Ein Pop-Up wäre eine gute Idee". Wenn er das hören wollte, gut, dann bekam er es halt zu hören. Meine Integrität hat zwar gerade herzzerreissend auf Wiedersehen gesagt und ich war ziemlich sicher, dass ich gerade das leise Knacken meines Rückgrats gehört hatte, aber manchmal muss man auch mal nachgeben. Das tat meiner Zweitprüferin dann irgendwie leid, weil ich mit Zahnschmerzen der Verzweiflung nahe und wahrscheinlich wie ein Häufchen Elend dastand und meinem Rückgrat Adieu winkte, dass sie die Fragerunde an der Stelle abbrach. 

Ich muss nicht sagen, dass ich tausend Tode gestorben bin, als ich die zehn Minuten draußen warten musste und mir war so schlecht, dass ich am liebsten in den Flur gereiert hätte (dessen Flur eh kotzgelb ist, deswegen hätte es wahrscheinlich nicht mal einer gemerkt) aber ich habe durchgehalten. Und als mich die Prüfer wieder reingeholt haben, hatte ich im Kopf auch schon die Rede für meine Mutter parat, wie ich der beibringen würde, dass ich leider noch ein halbes Jahr studieren muss. Aber an dieser Stelle waren meine Prüfer sehr nett. Ich habe mich hingesetzt und dachte dann so: Alles oder nichts, 50/50. "Das Wichtigste zuerst, Samira: Sie haben bestanden...". So, alles klar, whoop whoop. "...Zwar nur mit einer 6,0..."Wer ist die Größte? Oh, das bin ja ich. Shalalalalalalalalala. "...Mit den Zielen waren wir nicht zufrieden..." Booya. Oh yeah. Ich bin so cool, ich bin so cool "...Gute für die Zukunft..." Oh ist das cool. Ihr könnt mich alle mal, denn ich hab bestanden! ... Wieso schauen die mich so an? Achso, die wollen glaube ich eine Antwort von mir. Wieso hab ich jetzt gerade nicht zugehört? Egal - Smalltalk-Joker: Nicken, lächeln und Danke sagen. 

Carinas und mein Soundtrack zum Bachelorette sein - Und jetzt alle mithüpfen!

Ich konnte eigentlich auch nicht schneller aus dem Raum raus sein und ich hätte gerne ganz dick und fett gegrinst, weil ich an dem Tag wirklich viele emotionale Zustände durchlebt habe, aber ich war noch nicht voll genug mit Endorphinen, dass ich meine Zahnschmerzen hätte vergessen können. 

Naja, die Zähne sind jetzt raus und ist alles noch mal gutgegangen. Zwar hab ich nur ziemlich knapp bestanden, aber so what. Ich bin jetzt Bachelorette! Und Zahnschmerzen habe ich auch keine mehr. Oh yeah. Ich freu mich schon sehr darüber.  Lasst uns anstoßen! Mit freundlichen Grüßen Ihrer Hochheit Samira, Bachelorette von und zu Venlo.

Hier, ich stoß mit euch an!

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