Montag, 11. Juli 2011

Der Gecko-Mann in der Unhappy Hour

Guck mal, da hat mich wohl einer
morgens in der Bahn gesehen und
mich und meine Augenringe portraitiert
Ich muss sagen, dass ich mit dem Leben als Arbeiterdrohne nur so mittelmäßig gut zurechtkomme. Das frühe Aufstehen bekommt mir nicht. Ich habe vor lauter Müdigkeit schon wieder so viele Energy Drinks gekippt, dass der Affe mit dem Dschingerassabums wieder einen unbefristeten Mietvertrag in meinem Kopf hat. Vor zehn Uhr geht halt gar nichts bei der lieben Samira. Aber da bin ich nicht die Einzige. Wie ich bereits scharf beobachtet habe, sitzen zwar alle meine lieben Kollegen um neun Uhr bei der Arbeit, sind aber eindeutig nur körperlich anwesend. Die Stimmung von neun bis etwa halb elf würde ich jetzt so mit Unhappy Hour beschreiben. Nur heute war ich um neun Uhr bereits putzmunter. Schuld war der Gecko-Mann, wie ich ihn jetzt mal so auf eigene Faust getauft habe. Hier also mal wieder ein kleiner Schwank aus meinem Leben. Ich saß heute morgen ziiiieeeemlich verklatscht in der Bahn und schaute so nichtsahnend und mich wieder ins Bett zurücksehend aus dem Fenster. Dann stieg ein Mann ein. Etwas untersetzt, angezogen wie die Leute in der IT-Abteilung und so Pi mal Daumen 45. Hätte mich also unter normalen Umständen jetzt nicht sonderlich gefesselt, der gute Mann. Doch dann kam sein Coffee to Go zum Einsatz. Die haben ja immer so einen Plastikdeckel mit minimal kleiner Öffnung auf dem Becher. Das selber war ja jetzt auch noch nicht sonderlich erschütternd. Doch als der Mann zum trinken ansetzte, viel ich - und so gut wie alle anderen Menschen, die um uns herum saßen - fast vom Glauben ab. Habt ihr schon mal ein Bild von einem Gecko (ich weiß nicht genau, ob das Geckos sind) gesehen, wie der mit seiner Zunge so ganz schnell ein Ei ausleckt? So hat der Mann das auch mit seinem Kaffee gemacht! Immer noch ein Rätsel, wie der seine dicke Zunge da immer reingetunkt hat. War auf jeden Fall faszinierend und ich war auch mit einem Mal wach. Irgendwie sind das ja schon so menschliche Abgründe, auf die man morgens in der Bahn antrifft...
Plötzlich kommen meine ganzen
hausfräulichen Qualitäten zum Vorschein.
Aber auch, wenn ich hier gleich ein bisschen knatschig rüberkomme, kann ich mich in Sachen Praktikum immer noch nicht beschweren. Ich tauche gerade tief in die Welt der Zeitschriften ein und kann eine Menge lernen. Derzeit leider noch nicht so viel Marketing. Jetzt kommt nämlich der Knaller. Ich bin SPSS und damit Bertram gerade los, da kommt schon die nächste unliebsame Computerprogramm-Buchbeziehung auf mich zu. Heißt HTML5 und ist noch unspannender als Bertram. Denn ich arbeite in der Abteilung, die den Onlineshop des Verlags führt. Das System hinter diesem Onlineshop ist zugegebenermaßen auch nicht sonderlich einfach zu verstehen. Aber gebt mir noch drei Wochen, dann kann ich mich demnächst an der Fontys auch zu den IT-Typen setzen und ne Runde Magic-Karten mit denen spielen. Ich muss mir nur vorher noch irgendwo so einen krassen Matrix-Mantel besorgen. Dazu wohne  ich ja jetzt auch mit ein paar Technikern zusammen. Noch ein halbes Jahr und ich bin voll das Computer-Brain. Den Jungs habe ich dieses Wochenende übrigens mal ein bisschen die Küche geputzt. Das war mir da ein bisschen zu schmandig. Anstatt da rumzumoppern und denen zu sagen, dass die Küche gelinde gesagt jetzt unterdurchschnittlich in Schuss ist, habe ich das mal lieber selber in die Hand genommen. Anschließend habe ich dann Muffins vor lauter Freude gebacken, als ich nach zweistündiger Schwerstarbeit den Ofen sauber geschrubbt hatte. Ich habe mich noch nicht getraut, sie zu essen. Denn ich weiß, wie viel Chemikalien ich da reingehauen habe. Aber den Jungs hat's geschmeckt. Endlich kann ich also auch mal wieder jemanden so richtig bemuttern. Läuft.
Jaaaaaaaa! Jelly Beans umsonst! Ein
Grund zur Freude!
Ansonsten hört sich das ja wie gesagt momentan eher so an, als würde das Praktikum nicht sonderlich Bock machen. Aber das stimmt nicht. Ich mopper nur müdigkeitsbedingt momentan ganz gerne. Praktikum macht voll Bock. Erstens kriege ich ziemlich viele Zeitschriften des Verlags pünktlich zum Erscheinungsdatum für Umme auf meinen Tisch gelegt. Zweitens esse ich umsonst in der riesigen Kantine - und die hat eine riesige Auswahl. Wenn ich dann von dem ganzen Essen voll fett werde, nehme ich drittens an einem der unzähligen gratis Sportangebote teil. Und viertens darf ich den ganzen Tag auf den Seiten von gewissen Nachrichtenmagazinen und Klatschzeitschriften rumhängen und kann das als Arbeit tarnen. Was will man also mehr? Wenn jetzt noch die Arbeit um elf Uhr anfangen würde, wäre es perfekt. Großunternehmen sind schon ziemlich cool. Auch an das Leben in der Stadt gewöhne ich mich langsam aber sicher. Mich nervt zwar immer noch, dass da ständig irgendwelche Menschen um mich herumschwirren und mir im Weg stehen, aber ich lerne auch die Vorzüge kennen. Samstag war ich aus und es gab gratis Jelly Beans vom Jelly Belly Promo-Team! Das kriegt man in Kaldenkirchen nicht. Karina, meine alte Mitbewohnerin (die zufällig auch gerade hier Praktikum bei einem Versandhaus macht) und ich haben uns dann auch ganz anständig wie die Kinder vom Dorf gefreut. Mit Mitbewohner und seine städtischen Freunde haben uns Dorfpromenanzen dafür natürlich ein bisschen befremdlich angesehen. Egal, ich hab mich trotzdem gefreut. Es dauert wohl noch seine Zeit bis ich cool und ganz gelassen über Gecko-Männer, Zeitschriften auf meinem Schreibtisch und gratis Jelly Beans hinwegsehen kann. Aber ich finde, das muss ich noch nicht. Lieber bin ich noch eine weile naiv und freue mich jedes Mal wie ein kleines Kind vorm Christbaum. Over And Out :)

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